Seelsorge-/Beichtgespräch alter Zopf oder was?

Lieber Leser, liebe Leserinnen wir haben bei Pfr. Albert Wicki, Seelsorgeeinheit Gäbris, nachgefragt. Er hat uns dazu gerne einige Worte geschrieben, lesen Sie selbst:

Überall erleben wir schmerzhafte Konflikte: In der Politik, in der Kirche, in der Wirtschaft, und auch Zuhause in der Familie. Es ist für jeden Menschen eine Wohltat, wenn man einen Fehler oder ein Unrecht aussprechen kann. Und wir wissen, dass gerade in der Corona-Pandemie diese Psychologen*Innen sich kaum vor sehr vielen Anfragen retten können.

Alle Psychologen unterstreichen die Wohltat der Aussprache, wenn sich bei einer Person eine Blockade auf ihrem Lebensweg eingestellt hat.

Kinder zum Beispiel wissen das sehr gut: Solange sie ihren Eltern ihre Verfehlungen nicht «gebeichtet» und aus dem Mund des Vaters oder Mutter gehört haben: «Ich vergebe dir, ich schliesse dich in mein Herz ein», fühlen sie sich unwohl. Wir machen alle die
befreiende Erfahrung, dass Schuldeingeständnis und Vergebungszuspruch Beziehungen wiedergutmachen. Bei meinen Beichtgesprächen halte ich es so, dass die Person zuerst über das Positive, über ihr Glück, über das Gelungene in ihrem Leben berichten und erst dann im zweiten Schritt, wie & was diesem Glück in ihrem Leben entgegengehandelt hat. Und warum man so und nicht anders gehandelt hat. Stichwort Selbsterkenntnis.

So komme ich besser und schneller in ein fruchtbares Gespräch. Ich beziehe mich da seit 20 Jahren auf die Spiritualität des Hl. Ignatius von Loyola. Er war von der Wirkung der Dankbarkeit überzeugt und übte diesen Lebensstil in seinem Tagesrückblick ein, indem er sich jeden Abend vor Augen hielt, was ihm Gutes widerfahren ist. Eine „Busse“ am Schluss des Gesprächs gebe ich keine auf. Es ist eine Gnade, ein Geschenk, wenn Gott mir durch Jesus Christus vergibt.

Letztlich ist das Beichtgespräch jedoch eine Lebenshilfe. Denn in der Beichte geht es mir nicht darum, den Mitmenschen zu belehren oder ihn auszufragen, sondern ihm zu helfen, sich selbst zu entdecken und sich selber besser kennen zu lernen. Wenn ich als Beichtvater erreiche, mit der beichtenden Person gemeinsam herauszufinden, was hinter einem bestimmten Verhalten steckt, dann kann sie auch besser damit umgehen. Denn etwas ändern kann ich nur, was mir auch bewusst ist – wenn ich es beim Namen nennen kann.

Die Einmaligkeit der Begegnung erlaubt es also, verschiedene Situationen zu erfassen, was eben oft nur in einem klärenden, persönlichen Gespräch möglich ist.

Albert Wicki, Pfr.

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